FDP: Lieber verfassungswidrig und wortbrüchig regieren als nicht zu regieren

FDP: Lieber verfassungswidrig und wortbrüchig regieren als nicht zu regieren

Rede Peter Boehringer im Bundestag, 16.12.2021 zur Einbringung des zweiten Nachtragshaushalt 2021 durch FDP-Lindner (7 Min)

Wir waren ja unter der GroKo schon einige Zumutungen gewöhnt. Aber es ist schon eine bemerkenswerte Leistung eines FDP-Finanzministers, in seiner ALLERERSTEN Amtswoche gleich ZWEI zentrale FDP-Wahlkampf-Versprechen zu brechen:
Zunächst mit dem Impfzwang für Pfleger den Erhalt eines elementaren Grund- und Freiheitsrechts; und heute das Versprechen einer seriösen Haushaltspolitik.
Diesen Ausverkauf des liberalen Tafelsilbers sollten Sie dringend Ihren betrogenen Wählern erklären, Herr Lindner.

Der Nachtragshaushalt ‘21 über 60 Milliarden Euro soll RÜCKWIRKEND im Januar des Folgejahres beschlossen werden, was schlicht absurd ist: Man nimmt kein Geld für ein Jahr auf, in dem der Bund OHNEHIN bereits 180 Milliarden Euro Neuverschuldung gemacht hat, nur weil die alte GroKo sich noch WEITERE 60 Milliarden hat genehmigen lassen und 2021 nicht mehr ausgeben konnte. Ebensowenig, wie es selbstredend die Ampel noch tun kann.

Das sind unseriöse Tricks, die einer Bundesregierung unwürdig sind. Doch offenbar weiß man bereits, wie viel Geld man in diesen vier Jahren auf Pump benötigen wird und fängt darum lieber GLEICH in den ersten Tagen richtig an aufzuschulden.

Zudem stellen sich komplexe RECHTLICHE Fragen:
Für Union und FDP offenbar ZU komplexe. Dies zeigt sich am ERRATISCHEN Verhalten dieser Fraktionen seit 2020:

Die FDP hatte –noch in der OPPOSITION– ihr jetziges Vorgehen in der REGIERUNG als VERFASSUNGSWIDRIG bezeichnet:
Nämlich die Bildung von über Neuverschuldung finanzierten Rücklagen; sowie die Zweckentfremdung von Corona-Mitteln für Klimazwecke.

Und auch die UNION ist heute überzeugt davon, dass ihr EIGENES, völlig ANALOGES Vorgehen als Regierungspartei 2020/21 nun plötzlich rechtswidrige „Finanzakrobatik“ war (Zitat eines CSU-Kollegen). Sie will nun sogar –offenbar im Zustand des Gedächtnisverlustes– ihr EIGENES TUN von damals, das heute das der AMPEL ist, nachträglich per Klage in Karlsruhe prüfen lassen. Das könnte man sich nicht ausdenken…

Die AfD sieht natürlich EBENFALLS und IMMER NOCH dieses Vorgehen als RECHTSWIDRIG an. „Immer noch“ deshalb, weil wir und NUR wir bereits 2020 und 2021 entsprechende Normenkontrollklagen-Anträge hier im Haus eingebracht hatten: Zum Nachlesen für Sie, Herr Brinkhaus, Herr Dobrindt, Herr Haase; und gerne auch für die Medien: Drucksache 19/22926 von September 2020 und 19/26549 von Februar ‘21.
Kein einziger Unionsabgeordneter wollte damals diese Verfassungs-Klagen unterstützen. Und nun erklären Sie, Kollege Haase, ggü. der FAZ: „Das Wort Verfassungsbruch liegt förmlich in der Luft.“ Oder eben hier „Verfassungswidrig“ und „Nun werden Corona-Kredite zu Klimakrediten“. All das haben Sie 2020/21 als Union genau gleich gemacht! Ihre Einwände heute sind reine Realsatire!

Die Bildung von schuldenfinanzierten RÜCKLAGEN ist natürlich GENERELL rechtswidrig. Das sagen nicht nur der gesunde ökonomische Rechtsverstand und die AfD – sondern auch der ehemalige Präsident des Verfassungsgerichts Kirchhoff u. der Bundesrechnungshof, der haushalterische Verfassungsgrundsätze wie Jährlichkeit und Klarheit verletzt sieht.

Prof Schwarz von der Uni Würzburg erklärt ebenfalls das Offensichtliche: „Verfassungswidrig: Eine unzulässige Umgehung der Schuldenbremse.“ Sogar der FDP-nahe Staatsrechtler Gröpl schrieb dazu im Handelsblatt: „Verfassungsbruch par excellence“.

Und dann wollen wir den FDP-Kollegen Dürr nicht vergessen. Der sagte hier an dieser Stelle am 2. Juli 2020, als Finanzminister Scholz genau denselben Rücklagentrick anwenden wollte: Dieser Haushalt „verstößt gegen das Grundgesetz. …. Ich verstehe nicht, warum man in der SPD nur Karriere machen kann, wenn man verfassungswidrige Haushalte vorlegt.“ Und weiter: „[Warum wird] die CDU-CSU-Fraktion hier zum Helfershelfer eines möglichen Verfassungsbrechers.
Heute will der FDP-MINISTER LINDNER davon nichts mehr hören.
Welchen Unterschied schon ACHT Tage an der MACHT ausmachen, ist wirklich erstaunlich…                                                                          

Nochmals zur Union: Noch bis Herbst ‘21 hat die Union GENAU DIESES verfassungswidrige Vorgehen als REGIERUNGSpartei mitgetragen – und nun redet sie demonstrativ-stabilitätspolitisch von Verfassungsbruch…
Welchen Unterschied schon ACHT Tage in der OPPOSITION ausmachen – auch DAS ist erstaunlich…

Wer wie der CSU-Kollege Dobrindt ernsthaft am Dienstag der Presse diktiert „Wer FinanzPOLITIK durch FinanzAKROBATIK ersetzt, der bewegt sich schnell außerhalb des Rechtsrahmens“, der sollte dringend in den Rückspiegel seiner eigenen zwei vergangenen Haushaltsjahre schauen – und verschämt SCHWEIGEN. Diese gelebte Doppelmoral ist wirklich kaum noch zu ertragen.

Nein, liebe Unionskollegen: So leicht kommen Sie nicht aus dem verfassungsbrechenden Erbe der Merkel-Ära raus. Sie kritisieren hier etwas, was Sie seit 2020 in mehreren Haushalten SELBST getan haben! Die gute Nachricht: Wir sind gerne bereit, Ihnen unsere Klageschriften von damals für Karlsruhe zur Verfügung zu stellen.

Die 240 Milliarden Neuverschuldung für 2021 dürfen NUR wegen der angeblichen pandemischen NOTLAGE aufgenommen werden. Und selbstredend auch nur für DIESE Notlage GENUTZT werden.

Dieses Konnexitätsprinzip hat zwar schon die GroKo missachtet – aber die Ampel macht nun GAR keinen HEHL mehr daraus: Angebliche CORONA-Notkredite werden GANZ OFFEN als Rücklagen in den neuen Klima- und Transformationsfonds gesteckt:
Ein Veranlassungszusammenhang wird nicht einmal mehr geheuchelt. Der hessische Staatsgerichtshof hat eben ein sehr ähnliches Vorgehen der hessischen Landesregierung für rechtswidrig erklärt.
Herr Rohde: Das Urteil des Staatsgerichtshofs ist viel umfassender und einschlägiger als das, was Sie eben sehr selektiv zitiert haben.

Der Finanzminister sieht seine Aufgabe heute ernsthaft als „Ermöglichungsminister“. Herr Lindner: Ihre Aufgabe wäre es, alles Mögliche zu tun, um die Steuerzahler vor den superteuren Zugriffen der rot-grünen Planwirtschaft und Ideologiepolitik zu SCHÜTZEN, nicht etwa, diese „MÖGLICH“ zu machen! Die FDP hat beim Impfzwang UND bei der Finanzseriosität VOR der Wahl in zentralen Punkten gelogen. Das neue Motto der FDP scheint zu sein: Lieber verfassungswidrig und wortbrüchig regieren als nicht regieren“.

Es gilt das gesprochene Wort.